Immobilien werden am freien Markt nicht nur zwischen beliebigen Vertragspartnern veräußert, sondern ebenso aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung oder privatrechtlichen Vereinbarung, dem Vorkaufsrecht. Die Immobilien wechseln aufgrund eines vorher festgeschriebenen Privilegs den Besitzer. Das Ziel ist dabei, dem Vorkaufsberechtigten den Zugriff auf die Immobilie zu sichern, obwohl der Eigentümer sich noch nicht vom Grundbesitz trennen möchte.
Bei Vorkaufsrechten handelt es sich um gesetzliche oder vertragliche Sonderrechte. Wurde zwischen dem Eigentümer einer beweglichen oder unbeweglichen Sache und einem Dritten ein Kaufvertrag geschlossen, ist ein Berechtigter befugt, vor dem Dritten die Sache zu erwerben und an seiner Stelle in den Kaufvertrag einzutreten. Der Vorkaufsberechtigte kann die Sache für sich beanspruchen, wenn mit einem Dritten ein rechtswirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist, und zwar zu den gleichen Bedingungen, zu denen sie der Dritte erworben hätte. Dabei geht es um Grundstücke, Wohnungen, Güter oder Tiere. Voraussetzung ist, dass ein Kaufvertrag gemäß § 463 BGB zwischen Eigentümer und dem Dritten abgeschlossen wurde. Von einem bevorrechtigten Verkauf ausgenommen sind geschenkte Gegenstände, Tauschgeschäfte, übertragene Gesellschaftsanteile und Güter aus Erbschaftsauseinandersetzungen. Ein Vertragsabschluss allein reicht für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht aus, der Vertrag muss rechtswirksam zustande gekommen sein. Tritt eine der beiden Vertragsparteien vom Kontrakt zurück, bevor dieser rechtsgültig wird, kann der Vorkaufsberechtigte sein Vorrecht nicht wahrnehmen, selbst wenn danach Verkäufer oder der Dritte vom Vertrag zurücktreten.
Man unterscheidet drei Arten von Vorkaufsrechten:
Am häufigsten tritt die schuldrechtliche Vorkaufsberechtigung auf. Es bezieht sich auf einen konkreten Fall des Erwerbs eines verkaufsfähigen, beweglichen Gegenstandes. Dieses Recht bindet lediglich den Eigentümer als Vorkaufsverpflichteten. Im Gegensatz dazu wirkt die dingliche Vorkaufsberechtigung auch gegen Dritte und betrifft nur die Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, beispielsweise Wohnungs- und Teileigentum oder Erbbaurecht. Für den Vorkaufsberechtigten muss das Sonderrecht im Grundbuch gemäß §§ 1094 bis 1104 BGB eingetragen sein. Schuldrechtliche Vorkaufsrechte können damit dinglich abgesichert werden. Gesetzliche Vorkaufsrechte können Mietern, die ihre Wohnung als Eigentum erwerben wollen, Miterben oder Gemeinden beim Kauf von Grundstücken zustehen. Kommunen sind beispielsweise für zu öffentlichen Zwecken ausgewiesene Flächen, Liegenschaften in Sanierungs- und Erhaltungsgebieten, für unbebaute Flächen, die als Wohngebiete ausgewiesen sind, oder Grundstücke in Überschwemmungsgebieten vorkaufsberechtigt. Voraussetzung ist, dass das gesellschaftliche Wohl den Vorkauf des Grundbesitzes erfordert. Gesetzliche Vorkaufsrechte müssen nicht gesichert werden. Dingliche Rechte sind durch Grundbucheintrag abzusichern, schuldrechtliche durch einen Notar per Kaufvertrag zu beurkunden. Die Gemeinde übt ihr Recht durch einen Verwaltungsakt aus.
Der Vorkaufsberechtigte muss darüber informiert werden, dass das Objekt an einen Dritten veräußert werden soll. Tut der Eigentümer dies nicht, ist er gegenüber dem Berechtigten des Vorkaufs schadensersatzpflichtig. Auch der Dritte kann als Vertragspartner den Vorkaufsberechtigten informieren. Ab dem Zeitpunkt, an dem die Information versendet wurde, hat der Berechtigte bei Grundstücken zwei Monate Zeit, um sich für oder gegen den Erwerb zu entscheiden. Die Erklärung des Vorkaufsberechtigten, dass er das Objekt zu den Bedingungen, die mit dem Dritten vereinbart wurden, erwerben möchte, kann gegenüber dem Eigentümer formlos erfolgen. Sie ist jedoch unwiderruflich. Die Vorkaufserklärung kann für ungültig erklärt werden, beispielsweise, wenn der Berechtigte vorweg seinen Verzicht versprochen hat oder er die Zahlung verweigert bzw. nicht leisten kann. Sollte er sein Vorerwerbsrecht ausschlagen, muss dies vor einem Notar erklärt werden oder er lässt die Frist zur Ausübung seines Vorkaufsrechts einfach vergehen. Vorkaufsrechte sind nicht vererbbar.
Ein Mieter hat nicht automatisch Vorkaufsrechte für die von ihm bewohnte Wohneinheit. Ob er einen Vorrang besitzt, hängt davon ab, wann für seine Wohnung Eigentum begründet wurde und er in die Mietwohnung eingezogen ist. Zwei weitere Gründe schließen einen bevorrechtigten Erwerb der Wohnung aus. Das Recht gilt nur für den Erstverkauf der Unterkunft nach Begründung des Wohneigentums und ist ausgeschlossen, wenn der Hauseigentümer einen Kaufvertrag mit Familienangehörigen oder Bewohnern seines Haushalts vereinbart hat. Wurde die Wohnung bereits vor Einzug des Mieters zur Eigentumswohnung erklärt, besteht kein Vorkaufsrecht. Der Vermieter ist verpflichtet, den Mieter über den beabsichtigten Wohnungsverkauf und die Konditionen der Veräußerung zu informieren, damit dieser die Möglichkeit hat, innerhalb der gesetzlichen Frist auf die Offerte zu reagieren. Setzt der Eigentümer den Mieter von seiner Verkaufsabsicht nicht in Kenntnis, wird er ihm gegenüber schadensersatzpflichtig.
Mieter profitieren von dieser Regelung, auch für Vermieter kann sie sich lohnen. Schließlich kennen sie unter Umständen ihre Mieter bereits seit Jahren als vertrauenswürdige Personen, während ein Dritter meist unbekannt ist. Vermieter können natürlich versuchen, mithilfe von Dritten die Kaufpreise für Wohnungen in die Höhe zu treiben, um Mieter vom Erwerb der Eigentumswohnung abzuhalten. Das kann auf einem wettbewerbsintensiven Markt wie dem Immobilienmarkt zu ungerechtfertigten Preissteigerungen für Eigentumswohnungen führen. Durch Einzelverkauf der Wohneinheiten werden ohnedies regelmäßig höhere Verkaufserlöse erzielt als beim Verkauf des gesamten Hauses. Andererseits bekommen Mieter dadurch die Chance, unkompliziert Wohneigentum an einem bekannten Objekt zu erwerben. Damit erhöht sich die Wohneigentumsquote, falls der Wohnraum erschwinglich für die Mieter bleibt. Sie können sich zur Sicherung ihres Anspruchs eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eintragen lassen.
Sind sich Eigentümer und Vorkaufsberechtigter einig, dass eine Vorkaufsberechtigung für die Immobilie besteht, wird diese schriftliche Einigung über einen Notar ins Grundbuch eingetragen. Die Eintragung erfolgt in Abteilung II, in der alle Lasten und Beschränkungen, außer Grundpfandrechten, des Grundstücks festgehalten sind. Der eigentliche Eigentumsübergang auf den Vorkaufsberechtigten aufgrund des unterzeichneten Kaufvertrags wird in Abteilung I des Grundbuchs festgehalten. Ist bereits eine Auflassungsvormerkung zugunsten eines Dritten eingetragen, kann dieser Eigentumsübertrag durch die Vorkaufsberechtigung normalerweise nicht mehr verhindert werden. Immobilieninteressenten sollten sich vorab gründlich über Grundbucheintragungen informieren. Immobilienbesitzer sollten bei Unklarheiten ggf. Rechtsrat einholen, sich beispielsweise im Kaufvertrag ein Rücktrittsrecht zusichern lassen.