Offene Immobilienfonds blicken inzwischen auf eine längere Historie zurück. In Deutschland wurde der erste Fonds 1959 aufgelegt, derzeit sind mehr als 40 offene Immobilienfonds am Markt. Sie sind vor allem für Kleinanleger geeignet, die sich keine eigene Immobilie leisten können. Ihr Kauf ermöglicht mit kleinen Beträgen eine stabile Anlage in Sachwerten. Die Immobilieninvestitionen tragen langfristigen Charakter, da der Erwerb und Verkauf von Häusern und Grundstücken nicht ohne weiteres von heute auf morgen erfolgen kann.
Bei offenen Immobilienfonds sind sowohl Einmalanlagen als auch regelmäßige Sparpläne möglich. Anleger erwerben durch Kauf Anteile an einem Fonds. Die Anteilsausgabe erfolgt bei offenen Investmentfonds unbegrenzt. Die investierten Summen werden durch eine Kapitalverwaltungsgesellschaft getrennt von deren Vermögen als Sondervermögen verwaltet und sind deshalb bei Insolvenz dieser Gesellschaft geschützt. Die Gelder werden von der Fondsgesellschaft gebündelt, die die Entscheidung trifft, in welche Immobilien investiert wird. Der Anleger überlässt den Fondsmanagern bewusst die Anlageentscheidung. Diese haben im Interesse der privaten und institutionellen Investoren zu handeln und angemessene Erträge zu erwirtschaften. Die Anteile der offenen Immobilienfonds werden durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft handelstäglich zurückgenommen. Der Verkauf der Anteile erfolgt zum Rücknahmepreis. Er wird börsentäglich durch die Fondsgesellschaft ermittelt, indem man das Vermögen des Fonds, das sich aus Immobilien und liquiden Wertpapieren bzw. Geldmarktinstrumenten zusammensetzt, durch die Anzahl der ausgegebenen Anteile dividiert. Können die Mittelzuflüsse nicht Ertrag bringend investiert werden, sind die Kapitalverwaltungsgesellschaften berechtigt, weitere Einzahlungen für den Fonds vorübergehend zu stoppen.
Offene Immobilienfonds sind Investmentfonds, die seit Juli 2013 unter das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) fallen. Die Mittel der Anleger werden in Grundstücke für eigene Bauprojekte, Büroflächen, Wohn-, Gewerbeimmobilien, Einkaufszentren oder Hotels investiert. Die Streuung erfolgt nach Regionen, Branchen, Größe und Alter der Immobilien, Nutzungsart und Herkunft der Mieter. Die Anlagegrundsätze schreiben vor, dass ein offener Immobilienfonds nicht weniger als 10 Objekte enthalten darf. Es ist nicht erlaubt, dass zum Zeitpunkt seines Kaufes ein Objekt mehr als 15 Prozent Anteil am Fondsvermögen hat. So trägt man dem Gedanken der breiten Streuung Rechnung. Die Liquidität eines Immobilienfonds darf nicht höher als 49 Prozent liegen. Es dürfen höchstens 20 Prozent in Grundstücke im Zustand der Bebauung, 30 Prozent in Ländern mit einer ungesicherten Fremdwährung und 20 Prozent direkt in Immobiliengesellschaften investiert werden. Fremdfinanzierungen über Kredite sind für Grundstücke und Häuser bis zu 30 Prozent des Gesamtverkehrswertes des Immobilienportfolios erlaubt.
Quelle: BVI - Jahrbuch 2015
Wer offene Immobilienfonds kaufen möchte, kann das über seinen Berater bei Bank oder Sparkasse, bei einer Direktbank, beim Fondsdiscounter bzw. freien Vermittler und direkt bei der Fondsgesellschaft oder an der Börse tun. Die Wahl des Vertriebsweges hat Einfluss auf die Kosten und den Preis für den Käufer. Bei Banken und Sparkassen, Vermittlern sowie Fondsgesellschaften wird zum Ausgabepreis gekauft, den die Gesellschaft einmal täglich veröffentlicht. Dort können auch Bruchteile von Anteilen erworben werden. An der Börse bestimmt sich der Preis fortlaufend nach Angebot und Nachfrage und kann teilweise erheblich vom Preis der Kapitalverwaltungsgesellschaft abweichen. Die Börse verlangt statt des Ausgabeaufschlages einen viel geringeren Spread. Über Fondsdiscounter, Broker und Direktbanken kann der Kauf von Immobilienfonds günstiger als bei Filialbanken sein, weil die Vertriebskosten in Form des Ausgabeaufschlages reduziert worden sind. Bei Immobilienfonds ist das jedoch selten der Fall.
Die Kosten von offenen Immobilienfonds unterteilen sich in einmalige und laufende Aufwendungen. Der Kauf der Fonds erfolgt zum Ausgabepreis, dieser enthält den einmaligen Ausgabeaufschlag, der mehr als 5 Prozent beträgt. Die Differenz zwischen Ausgabepreis und Ausgabeaufschlag ergibt den Rücknahmepreis. Den Aufschlag erhalten die Verkäufer der Anlage. Die laufenden Kosten fallen jedes Jahr an und werden dem Fondsvermögen entnommen. Es handelt sich dabei um Fondsmanagementgebühren, Verwaltungsvergütungen, Bestandsprovisionen und Transaktionskosten sowie erfolgsabhängige Gebühren. Die laufenden Belastungen beeinflussen das Ergebnis der Fondsanlage wesentlich. Fondsvergleiche lohnen daher nicht nur hinsichtlich der Wertentwicklung, sondern auch bzgl. der Kosten. Die Gesamtkostenquote (TER) erleichtert die Vergleichbarkeit von Fondskosten, obgleich sie nicht alle Kostenbestandteile enthält.
Die Kursschwankungen von offenen Immobilienfonds sind in der Regel geringer als bei anderen Fondsarten. Der Anleger profitiert mit seinem Immobilienportfolio von dessen Wertsteigerung, der Miet- und Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt sowie verzinslichen Anlagen. Die Wertentwicklung offener Immobilienfonds verläuft normalerweise kontinuierlich, mit niedrigen Renditen. Offensichtliche Verluste traten lange Zeit nicht auf. Wertentwicklungen aus der Vergangenheit lassen jedoch keine Schlussfolgerungen für die Zukunft zu. Da Immobilien keinen täglichen Börsenpreis haben, sind sie durch Sachverständige zu bewerten. Die neutralen Experten müssen sich dabei nach der Immobilienwertermittlungsverordnung richten. Diese Immobiliensachverständigen sind der BaFin anzuzeigen. Die Bewertung erfolgt auf der Basis nachhaltig und längerfristig erzielbarer Mieterträge unter Berücksichtigung der Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten nach dem Ertragswertverfahren. Die Miethöhen werden vertraglich der allgemeinen Preisentwicklung angepasst. Anleger sollten sich auf der Grundlage von Jahres- und Halbjahresberichten, Fondsportraits, mittels Informationen von Medien und im Internet ein Urteil bilden. Wichtig sind die regionale Verteilung der Immobilien, die Vermietungsquote, Dauer der Mietverträge und Liquidität des Fonds. Unabhängige Wirtschaftsprüfer kontrollieren die Rechenschaftsberichte der Kapitalverwaltungsgesellschaften. Ebenso bilden Fondsratings durch unabhängige Ratingagenturen einen Anhaltspunkt zur Beurteilung von Immobilienfondsanlagen.
Bei den vom Fonds erzielten Erträgen handelt es sich um Mieterträge, Veräußerungserlöse, Zinsen und Dividenden. Die Fondsgesellschaft schüttet die Erträge an die Anleger entsprechend ihrer Anteile aus. Die Ausschüttung der ordentlichen und außerordentlichen Erlöse erfolgt zu einem bestimmten Stichtag. Der Anleger kann die Ausschüttung entweder verbrauchen oder in neuen Anteilen wieder anlegen. Bei der Fondsgesellschaft erfolgt die Wiederanlage von Erträgen kostenfrei. Die Ausschüttungen sind jedoch jährlich zu versteuern. Ein großer Teil der Erträge, ca. 40 bis 60 Prozent, ist bei offenen Immobilienfonds steuerfrei. Es handelt sich um die Verkaufserlöse nach Ablauf von 10 Jahren Haltefrist und die Auslandserträge aus den Ländern, mit denen Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat. Alle anderen Einnahmen sind zu versteuern. Die Erträge müssen Privatanleger auf der Einkommensteuererklärung, Anlage KAP, angeben. Gewinne aus der Veräußerung von Immobilienfondsanteilen unterliegen, falls sie ab 2009 erworben wurden, der Abgeltungsteuer. Hat der Anleger der Bank oder Kapitalverwaltungsgesellschaft einen Freistellungsauftrag für Kapitalerträge erteilt, fallen Zinsen und Kursgewinne unter den Sparerpauschbetrag von 801 bzw. 1.602 Euro und bleiben in dieser Höhe von der Abgeltungsteuer verschont. Es gibt auch offene Immobilienfonds, die ihre Gewinne wieder in neue Gebäude investieren. Diese Fonds sind thesaurierende offene Immobilienfonds, deren Erträge ebenso jährlich steuerpflichtig sind, weil unterstellt wird, dass sie dem Anleger zuflossen.
Offene Immobilienfonds unterliegen den gleichen Risiken wie Aktien- oder Rentenfonds: dem Fondsmanagementrisiko, Kursrisiko für rückläufige Anteilspreise, Kostenrisiko und dem Risiko der Übertragung auf ein anderes Sondervermögen und Kündigung des Fonds. Spezielle Risiken bei offenen Immobilienfonds betreffen das Preisniveau der Immobilienobjekte und die Ertragskraft der vermieteten Immobilien. Im Regelfall dürfen Immobilien des Fonds nicht unter Verkehrswert verkauft werden. Wurden Immobilien zu überhöhten Preisen erworben und müssen abgewertet oder zu niedrig veräußert werden, entsteht ein Defizit. Ungeplante Leerstände oder Neuvermietungen zu gesunkenen Mietpreisen können die Einnahmen signifikant schmälern. Vermietungen im Ausland unterliegen meist einem Währungsrisiko. Für festverzinsliche Wertpapiere und Geldmarktpapiere gelten Kursrisiken. Das aktuell größte Risiko bei Immobilienfonds ist jedoch das Liquiditätsrisiko. 5 Prozent des Fondsvermögens müssen mindestens als Liquidität vorhanden sein. Die Fondsgesellschaft ist berechtigt, die Rücknahme der Anteile auszusetzen, wenn durch eine überdurchschnittliche Anteilsrückgabe die Liquidität des Fonds zur Auszahlung nicht mehr ausreicht. Die Fondsanteile werden eingefroren, in diesem Zeitraum sind keine Rückgaben von Anteilsscheinen möglich. Nur ein direkter Verkauf über die Börse kann stattfinden, jedoch müssen Anleger dabei größere Preisabschläge in Kauf nehmen. Nach Ablauf von 30 Monaten muss über die Weiterführung des Fonds entschieden werden. Ist ausreichend Liquidität vorhanden, um die Anteilseigner auszuzahlen, öffnet man den Fonds wieder. Ansonsten wird das Sondervermögen liquidiert. Dann müssen alle Immobilien schrittweise durch Fondsgesellschaft bzw. Depotbank, notfalls bis zu 20 Prozent unter dem Gutachterwert, veräußert werden. Wird das Sondervermögen abgewickelt, muss sich der Anleger zwischen einem Verkauf an der Börse und dem Warten auf Erlöse aus der Liquidation entscheiden.
Seit dem 22.07.2013 gelten sowohl offene als auch geschlossene Immobilienfonds als Alternative Investmentfonds und unterliegen den Vorschriften des Kapitalanlagegesetzbuches. Grundlage dafür waren Regulierungsvorschriften der EU. Die gravierendste Änderung für offene Immobilienfonds in Deutschland betrifft ihre Verfügbarkeit. Die neuen Regelungen unterscheiden nach dem Einstiegszeitpunkt des Kunden. Für Anteile, die vor dem 01.01.2013 gekauft wurden, gilt ein Freibetrag von 30.000 Euro, über den pro Kalenderhalbjahr verfügt werden kann. Der Restbetrag unterliegt einer einjährigen Kündigungsfrist. Das gleiche gilt für alle Käufe, die zwischen dem 01.01. und dem 21.07.2013 erfolgten. Für diese Anteile gilt jedoch zusätzlich eine Ersthaltefrist von 24 Monaten, innerhalb derer die Restanteilsscheine kündbar sind. Die Anteile, die erst nach dem 21.07.2013 gekauft wurden, unterliegen derselben Regelung mit 12-monatiger Kündigungsfrist und zweijähriger Ersthaltefrist, allerdings gibt es dafür keinen Freibetrag von 30.000 Euro mehr. Die Depotbanken überprüfen bei jedem Verkaufswunsch, wie lange der Kunde seine Anteile hielt. Nach Kündigung durch den Anleger erfolgt ein Sperrvermerk für die Anteile im Depot, der unwiderruflich ist und auch keinen Depotübertrag mehr erlaubt.
Da Anleger vor 2008 jederzeit über ihre Bestände an offenen Immobilienfonds verfügen konnten, führte der erhöhte Liquiditätsbedarf in der Finanzkrise zu massenhaften Anteilsrückgaben, vor allem von professionellen Anlegern. Die offenen Immobilienfonds kamen damit schnell in Zahlungsschwierigkeiten. Die Fondsmanager mussten Immobilien zu ungünstigen Preisen veräußern. Das führte dazu, dass ein Drittel des Immobilienfondsvermögens eingefroren war und etliche Fonds sich noch immer in Abwicklung befinden. Folge für die Anleger waren große Wertverluste. Eine derartige Situation sollen die neuen Verkaufsregeln künftig verhindern.
Dies könnte Sie auch interessieren